„Destination addiction“ oder die endlose Suche nach dem Glück
Freust du dich auf den Feierabend oder das Wochenende damit du dich erholen kannst? „Nach diesem Urlaub wird es mir besser gehen!“ Kommen dir diese Gedanken bekannt vor?
Oder bist du überkritisch mit dir selbst? „Ich sollte schon weiter sein in meiner Karriere?“ „Ich hätte mehr erreichen müssen?“
Wenn ja, dann kann es sein dass du unter „destination addiction“ leidest – einer Einstellung für die ich noch keine genaue deutsche Übersetzung gefunden habe, die sich aber grob mit “ der nie endenden Suche nach dem Glück“ übersetzt werden kann.
Letztens war ich in Instagram vertieft (mein Lieblings Social Media Kanal!!) und es ist mir ein Post aufgefallen: “Beware of destination addiction – a preoccupation with the idea that happiness is in the next place, the next job, the next partner. Until you give up the idea that happiness is somewhere else, it will never be where you are.” Lose übersetzt heisst es, dass man aufpassen soll nicht in eine Unzufriedenheitsfalle zu fallen indem man denkt das Glück liegt im nächsten Job, im nächsten Partner oder in der nächsten Unternehmung. Solange man glaubt, daß das Glück anderswo ist oder in der Zukunft liegt, so wird man nie glücklich sein.“ Das hat bei mir einen Nerf getroffen und ich hab diesen Gedanken nicht loslassen können.
Die Definition für „destination addiction” wurde als erstes von Dr Robert Holden , einem britischen Psychologen, beschrieben. Ich lasse das Original stehen, da ich nicht will dass durch meine Interpretation die Essenz des Gedanken verloren geht. Aber Dr Holden schreibt auf seinem Blog folgendes:
“People who suffer from Destination Addiction believe that success is a destination. They are addicted to the idea that the future is where success is, happiness is, and heaven is. Each passing moment is merely a ticket to get to the future. They live in the ‘not now’, they are psychologically absent, and they disregard everything they have. Destination Addiction is a preoccupation with the idea that happiness is somewhere else. We suffer, literally, from the pursuit of happiness. We are always on the run, on the move, and on the go. Our goal is not to enjoy the day, it is to get through the day. We have always to get to somewhere else first before we can relax and before we can savor the moment. But we never get there. There is no point of arrival. We are permanently dissatisfied. The feeling of success is continually deferred.” (Quelle hier)
Im großen Ganzen heißt es, dass manche Menschen das Glück immer in der Zukunft sehen, und sind daher buchstäblich „süchtig“ nach der Suche nach dem Glück, weil sie es nie erreichen. In ihren Augen ist das Glück immer wo anders. Das Ziel ist nicht den Tag zu geniessen, sondern ihn hinter sich zu bringen. Man muss zuerst irgendwo ankommen bevor man entspannen kann. Mann kommt aber nie an und ist daher permanent unzufrieden!
Habe ich schon deine Aufmerksamkeit? Wenn dieser Gedanke sich bekannt anfühlt dann lies weiter! Dr Holden beschreibt noch ein paar Symptome die mit dieser Einstellung einher gehen:
* “Whatever you are doing, you are always thinking about what comes next.
* You cannot afford to stop because you always have to be somewhere else.
* You are always in a hurry even when you don’t need to be.
* You always promise that next year you will be less busy.
* Your dream home is always the next home you plan to buy.
* You don’t like your job but it has good prospects for the future.
* You never commit fully to anything in case something better comes along.
* You hope the next big success will finally make you happy.
* You always think you should be further ahead of where you are now.
* You have so many forecasts, projections, and targets that you never enjoy your life”.
Einige Symptome, die mir besonders ins Auge gefallen sind waren:
– Du bist immer gestresst oder beeilst dich auch wenn du nicht musst.
– Du versprichst dass nächste Woche, nächsten Monat oder nächstes Jahr weniger stressig sein werden.
– Du lässt dich ganz auf etwas ein, weil du dir allen Türen offen halten willst, falls etwas besseres sich bietet.
Oder es kann sich auch in etwa so anhören:
“Nach diesem Urlaub geht es mir besser!”
“ Wenn ich diese Position erreicht habe/so viel Geld verdiene, dann habe ich es geschafft, dann bin ich glücklich!”
Und obwohl ich nicht unbedingt viel (oder gar keine) Informationen über dieses Phenomän gefunden habe, empfinde ich dieses Konzept mindestens als sehr interessanter Gedankenimpuls. Bei mir hat sich diese Einstellung wie folgt manifestiert: ich habe mir immer neue Ziele gesetzt (was an sich ja nicht schlecht ist), aber ich habe mir nie die Zeit genommen um meine Erfolge zu feiern und die dazugehörige Arbeit zu würdigen. Ich war nie stolz auf meine Erfolge und generell nie wirklich glücklich (obwohl da sicherlich auch andere Faktoren mitgespielt haben!)
Ich habe versucht die klassischen Ziele unserer Gesellschaft zu erreichen: Bildung, Respekt, Erfolg, Geld, Status..Ich dachte diese Ziele würden mich glücklich und zufrieden machen. Aber dann ist folgendes passiert: wenn ich ein Ziel erreicht habe, habe ich mir immer neue Ziele gesetzt – ich war nie zufrieden, nie glücklich!
Ich wollte immer mehr und habe mir nie die Zeit genommen zu genießen, was ich bis dahin erreicht hatte – es war nicht gut genug. In meinem Kopf habe ich immer gedacht: du hast noch nicht genug erreicht! Und wenn jemand mich wegen etwas beglückwünscht hat, dann habe ich diese Kompliment nicht einmal annehmen können, weil ich bei mir gedacht habe : der sieht ja nicht, dass ich eigentlich gar nicht so gut oder kompetent bin (#Betrüger). Ich glaube dasss ich, sowie viele von euch, an „destination addiction“ le mit einen guten Prise „Impostior Syndrom“ leiden.
Was kann man tun? Wie kannst du aufhören über die Vergangenheit zu grübeln und zu hoffen dass es in Zukunft besser wird?
Hier sind 4 Dinge die ich in meinem Leben geändert habe, um gegen “destination addiction” anzukämpfen:
Halte einen Moment inne:
Destination addiction ist sehr schwer hinter sich zu lassen, zumal wir es seit frühester Kindheit mit in die Wiege gelegt bekommen. WIe soll man die Balance finden zwischen einer gesunder Portion Ehrgeiz und Zukunfstvision mit einer bewussten Entschleunigung und Stolz in deine Arbeit? Es ist nocht so paradox, wie es sich vielleicht anhört..halte einfach einen Moment inne, sei achtsam auf dein Leben und sei stolz was du bisher geschafft hast. Geniesse diese Mahlzeit, dieses Konzert und sei nicht so strang mit dir selber. Versuche dich bewusst ins Hier und Jetzt zu versetzen! (Robert Holden)
Ich persönloich versuche mindesten einmal am Tag mich bewusst auf mein Umfeld zu konzentrieren und ruhig zu atmen. Ich versuche auch mich nur auf eine Sache zu konzentrieren wie Kochen oder einen Artikel schreiben. Und erst gestern habe ich ein Konzert von 2 Gitarristen zugehört und war währenddessen nur in dem Moment! Anstatt mit Vollgas durch Leben zu brettern, schau einmal was du schon hast. Und dies führt mich direkt zu meinem zweiten Punkt..
Hinterfrage deine Definition von Erfolg
Meine PhD Superviserin hat mir einmal gesagt: es geht nicht darum wie weit du in deiner Karriere kommst, sonder es geht um deine persönliche Entwicklung. Nicht jeder Wissenschaftler wird Universitätsprofessor oder CEO eine Pharmafirma. Und das ist gut so! Entledige dich der Idee dass du gescheitert bist, wenn du nicht in einer hohen Position bist und tonnenweise Geld verdienst. Vergleiche dich nicht mit anderen und höre auf diesen gesellschaftlichen Normen nachzueifern: Wird dieses Geld dich glücklich machen? Wird dieses Auto dich glücklich machen? (Komischerweise spielt modernes Marketing direkt in diese Sucht: kaufe dies und das und sei glücklich/respektiert/bewundert!)
Diese Hierarchie des „Erfolgs“ ist sowieso im Wandel: Die Millenial und spätere Generationen legen schon mehr wert auf persönliche Entwicklung und eine gesunde Work-Life Balance!
Frag dich einfach: was sind meine Ziele in meinem Leben? Wir tendieren dazu uns solche Fragen zu stellen, wenn Tragödien in unserem Leben passieren: was ist wichtig? Geld? Zeit? Beziehungen? Frag dich: wenn ich jetzt sterben würde, was würdest du bereuen?
Ich habe auch angefangen meine Prioritäten neu zu orientieren und es hilft! ALs ich den Blog angefangen habe, war es zum Beispile sehr schwierig die Meinungen der Leute zu ignorieren. Manchmal ist es aber sehr schwer zu wissen was man will . Ich hab einmal damit angefangen herauszufinden was ich absolut nicht will!
Höre wieder auf dein inneres Kind
Diese endlose Suche nach dem Glück wird uns beigebracht. Als Kind hat man eher Tendenz im Hier und Jetzt zu leben (auch gab es dann Leute die sich um alles für einen kümmern wie Essen oder Rechnungen! 🙂 ), aber die Essenz bleibt: versuche dich durch deine Kindheitsaugen anzuschauen – was hat dich damals glücklich gemacht?
Ich war immer eher ein kreativer Mensch – ich habe viel Musik gemacht und gesungen. Und eine Leidenschaft die ich vergessen hatte war das Tanzen..ich habe meine ganze Kindheit und Teenagerjahre getanzt, und neben einem gewissen Stolz ein gewisses Niveau erreicht zu haben, habe ich es immer genossen wie ich mich durch Tanz und Bewegung ausdrücken konnte. Ich habe diese Seite von mir aber irgendwie verloren und einen anderen beruflichen Pfad eingeschlagen (weil ich dachte ich musste) und nun versuche ich diesen Teil meiner Persönlichkeit wiederzufinden!
Entscheide dich glücklich zu sein
Es wird dir keiner dein Glück einfach so reichen und es liegt sicher nicht an einem Ziel das du dir vielleicht gesetzt hast. Du wirst nur glücklich sein wenn du dich dazu entscheidest, nicht wenn dein Glück an einer Bedingung hängt. Du wirst auch nicht glücklicher sein wenn du permanent Dinge oder Menschen in deinem Leben änderst., du mußt zuerst in dich gehen. Das heisst nicht dass Veränderungen nicht gut sein können, sie dürfen nur nicht zum Muster werden. Es soll aus einer inneren Überzeugung/Haltung kommen und nicht umgekehrt. Nicht „das“ macht micht glücklich, sonder eher „ich“ mach mich glücklich!
Mein erster Schritt war herauszufinden, dass ich ein „destination addict“ bin. Dann habe ich versucht mich aus diesem immer fliessenden Strom gesellschaftlicher Erwartungen herauszu nehmen: lerne, arbeite, kaufe, vermehre dich:) Nur so wirst du „etwas“ sein, nur so wirst du etwas wert sein..Nur dann werd ich glücklich sein. „ist es das was ich will, oder ist es das was ich glaube andere beeindrucken wird?“ (Toya Sharee)
Aber auch mit dem Blog bin ich in diese Falle getappt. Ich habe gedacht: “ Der Blog ist nur etwas wert wenn ich – davon leben kan! So viele Follower habe! So viel Geld verdiene! Aber das ist genau der Punkt.
Es wird nie einen Punkt geben wo ich mir sagen werde „Ich habs geschafft“, jetzt läuft alles. Mit diesem Projekt werde ich nie am Ende ankommen, ich werde immer mehr wollen! Mein Glück und meine Zufriedenheit werden immer an einem Punkt in der Zukunft liegen! Und dann ist es mir wie Schuppen von den Augen gefallen: Ich habe meinen Weg schon lange begonnen, meine Richtung schon lange entschieden. Und meine Entscheidungen waren schon ein Erfolg: sie haben mir die Augen für ein achtsameres und wertschätzenderes Leben geöffnet. Jetzt versuche ich die Balance zwischen einem Leben im Jetzt und einer guten Zukunfstplanung zu finden.
Neue Ziele setzen ist nichtkeine schlechte Sache – aber sein Glück von der Erreicung dieser Ziele abhängig zu machen ist nicht so produktiv wie es sich vielleicht anfühlt!
Weil auch wenn es vielleicht ein Kliché ist: der Weg ist wirklich das Ziel! Also hör auf darauf zu warten dass dein Leben beginnt..
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Wenn du weiteres Interesse hast, dann schau dir diesen Artikel über Schuldgefühle an!
Referenzen und weiteres Lesematerial:
Mark D. Griffith, PhD, “The Search For Happiness – A brief look at ‚destination addiction“
Toya Sharee, “For The Women Searching For Happiness Everywhere But Where They Currently Are“
Robert Holden, „What is destination addiction?“
Connie Mann, „Beware of „destination addiction“